gratis-besucherzaehler.de

FFR 372

Weitere Hobbys

Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.

 

     Werner Bergengruen

   Leben eines Mannes

   Gestern fuhr ich Fische fangen,

   heut bin ich zum Wein gegangen,

   – Morgen bin ich tot –

   Grüne, goldgeschuppte Fische,

   rote Pfützen auf dem Tische,

   rings um weisses Brot.

   Gestern ist es Mai gewesen,

   heute wolln wir Verse lesen,

   morgen wolln wir Schweine stechen,

   Würste machen, Äpfel brechen,

   pfundweis alle Bettler stopfen

   und auf pralle Bäuche klopfen,

   – Morgen bin ich tot –

   Rosen setzen, Ulmen pflanzen,

   schlittenfahren, fastnachtstanzen,

   Netze flicken, Lauten rühren,

   Häuser bauen, Kriege führen,

   Frauen nehmen, Kinder zeugen,

   übermorgen Kniee beugen,

   übermorgen Knechte löhnen,

   übermorgen Gott versöhnen –

   Morgen bin ich tot.

 

Musik  - Gedichte - Theater -  Malerei -  Reisen  - Architektur  - Parks und Gärten

Die Musik auf dieser Seite ist von Antonin Dvorak, Streichquartett F-Dur op. 96 - Das “Amerikanische”

Rainer-Maria Rilke - Christian Morgenstern - Gottfried Benn - Georg Trakel - Eduard Mörike - Emanuel Geibel,

natürlich auch Goethe und Schiller, aber ganz besonders Werner Bergengruen.

... holt mir Wein aus vollen Krügen ...

Auf dieser CD wird das Gedicht: “Leben eines Mannes” von Werner Bergengruen in beeindruckender Weise von Sabine A. Werner gesprochen

Robert M. Helmschrott hat das Gedicht als Motette vertont. Der Südbadische Kammerchor bringt es auf dieser CD zu Gehör.

Werner Bergengruen wehrt sich in seinem Gedicht “Leben eines Mannes” mit klaren, ernsten und holzschnittartigen Metaphern gegen die komplizierten Flüchtigkeiten eines von geistloser Panik getriebenen Zeitgeistes.

Der Dichter spricht mir aus der Seele und tröstet mich, wenn ich mal wieder jenen oberflächlichen Zeitgenossen zuhören muss, von denen wir so reichlich haben und die wohl nie aussterben werden.

Meine Lieblings-Dichterin

Annette von Droste-Hülshoff

Hier - wie ich meine - ihr schönstes Gedicht:

Nun muß ich sitzen so fein und klar,
Gleich einem artigen Kinde,
Und darf nur heimlich lösen mein Haar,
Und lassen es flattern im Winde!

Ich denke: Wir sind heute ein Stück weiter, ein Stückchen und nicht überall.

 

Am Turme
 
Ich steh' auf hohem Balkone am Turm,
Umstrichen vom schreienden Stare,
Und lass' gleich einer Mänade den Sturm
Mir wühlen im flatternden Haare;
O wilder Geselle, o toller Fant,
Ich möchte dich kräftig umschlingen,
Und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand
Auf Tod und Leben dann ringen!
 
Und drunten seh' ich am Strand, so frisch
Wie spielende Doggen, die Wellen
Sich tummeln rings mit Geklaff und Gezisch,
Und glänzende Flocken schnellen.
O, springen möcht' ich hinein alsbald,
Recht in die tobende Meute,
Und jagen durch den korallenen Wald
Das Walroß, die lustige Beute!
 
Und drüben seh ich ein Wimpel wehn
So keck wie eine Standarte,
Seh auf und nieder den Kiel sich drehn
Von meiner luftigen Warte;
O, sitzen möcht' ich im kämpfenden Schiff,
Das Steuerruder ergreifen,
Und zischend über das brandende Riff
Wie eine Seemöve streifen.
 
Wär' ich ein Jäger auf freier Flur,
Ein Stück nur von einem Soldaten,
Wär' ich ein Mann doch mindestens nur,
So würde der Himmel mir raten;
Nun muß ich sitzen so fein und klar,
Gleich einem artigen Kinde,
Und darf nur heimlich lösen mein Haar,
Und lassen es flattern im Winde!

 

 

    Herbsttag

    Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg Deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren laß die Winde los.

    Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein.

    Wer jetzt kein Haus hat, baut keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke      

 

Mein Lieblingsgedicht zum letzten Lebensviertel.

Wer immer Angst hat vor dem Sterben,

fängt nie zu leben an!

     

    Die Rose

    Liebe ist wie wildes Wasser, das sich durch Felsen zwängt
    Liebe ist so wie ein Messer, das dir im Herzen brennt
    Sie ist süß und sie ist bitter, ein Sturmwind und ein Hauch
    Für mich ist sie eine Rose, für dich ein Dornenstrauch

    Wer nie weint und niemals trauert, der weiß auch nichts vom Glück
    Wer nur sucht, was ewig dauert, versäumt den Augenblick
    Wer nie nimmt, kann auch nicht geben, und wer sein Leben lang
    Immer Angst hat vor dem Sterben, fängt nie zu leben an

    Wenn du denkst, du bist verlassen, und kein Weg führt aus der Nacht
    Fängst du an, die Welt zu hassen, die nur and're glücklich macht
    Doch vergiss nicht, an dem Zweig dort, der im Schnee beinah erfror
    Blüht im Frühjahr eine Rose, so schön wie nie zuvor.